Es ist eine Situation eingetreten, an die mit ziemlicher Sicherheit keiner von uns je gedacht hätte. Ungewöhnlich, surreal und ein bisschen beängstigend – zumindest empfinde ich das alles so. Ein Virus breitet sich rasant auf der ganzen Welt aus und erschüttert unsere Grundfeste. So fortschrittlich unsere Wissenschaft und Medizin auch sind, so hilflos stehen sie dem Ganzen aktuell noch gegenüber. Klingt wie der Stoff für einen Hollywood-Blockbuster, ist es aber leider nicht. Das bekommen wir gerade alle mit voller Härte zu spüren.
Josefina, Gregor und ich verlassen das Grundstück schon seit einigen Tagen nicht mehr, einkaufen geht – nur wenn es unbedingt notwendig ist – mein Mann. Bis jetzt herrscht noch Friede, Freude, Eierkuchen. Keine Symptome von Lagerkoller, nur beim Klopapier sind wir mittlerweile bei der letzten Rolle angekommen…
Ich sehe mich in dieser Situation in einer wahnsinnig privilegierten Position, wofür ich wirklich sehr dankbar bin. Ich bin noch in Karenz, muss mir somit vorerst keine Sorgen um mein Einkommen machen (was dahingehend nach Corona sein wird, steht natürlich noch in den Sternen), Kind Nr. 1 ist noch nicht schulpflichtig und versäumt somit nichts und Kind Nr. 2 ist ohnehin noch zu klein für überhaupt alles. Mein Mann kann mehr oder weniger problemlos von zuhause aus arbeiten und unser Haus ist so groß, dass sich jeder bei Bedarf zurückziehen kann. Und so sehr wie jetzt, habe ich unser schönes Zuhause noch nie zu schätzen gewusst! Aber der allergrößte Joker ist aktuell ohnehin unser Garten!
Wir versuchen natürlich auch, diese – für viele vielleicht sogar willkommene – Pause sinnvoll zu nutzen. Bevor die Ausgangssperre verhängt wurde und (fast) alle Geschäfte schließen mussten, haben wir im Blumengeschäft noch zwölf Hornveilchen besorgt, die ich gemeinsam mit Josefina in Töpfe gepflanzt habe um unsere Fenster ein bisschen auf Frühling einzustimmen. Außerdem sind es somit zwölf Hornveilchen weniger, auf der die Gärtnerei sitzengeblieben wäre und die dann vielleicht entsorgt worden wären…
Die Küche glänzt seit gestern so stark, wie sie das letzte Mal bei unserem Einzug ins Haus geglänzt hat und unsere To-Do-Liste fürs Haus wird jetzt hoffentlich so rasant schrumpfen, wie sich das Virus gerade verbreitet…
Damit der Küchen-Glanz aber natürlich ja nicht zu lange erhalten bleibt, tobt sich der Hausherr jetzt ordentlich in der Küche aus und will für den Anfang einmal Veilchensirup machen…
Wir haben jetzt nicht nur Hornveilchen (Viola cornuta) in den Fenstern stehen – unser Garten ist zurzeit ein einziges lila Blütenmeer aus tausenden Gartenveilchen (Viola odorata) in allen möglichen Schattierungen.
Wenn es ums Blumenpflücken geht, muss man meine Kinder nicht zweimal fragen. Eine kleine Schale war im Handumdrehen voll.
Aber selbstverständlich hört unsere Fantasie bei Veilchen nicht beim Sirup auf. Bastelkönig Gregor ist ein großer Fan von gepressten Blüten, damit kann man schließlich sämtliche Papierwerke verschönern. Somit trocknen ein paar der schönsten gepflückten Exemplare gerade in einem Buch und werden dann in ein paar Tagen zu Höherem berufen sein.
Alles hat seine guten Seiten, egal wie schlimm es auf den ersten Blick wirkt – davon bin ich überzeugt. Es scheint fast so (nein, das soll keine weitere Verschwörungstheorie sein), als hätte uns die Natur dieses Virus geschickt, um sich selbst eine Verschnaufpause zu verschaffen, indem sie uns eine Zwangspause auferlegt. Kaum mehr Flüge, spürbar weniger Autos auf den Straßen, eine verlangsamte Wirtschaft – die Luftverschmutzung ist jetzt bereits messbar zurückgegangen.
Und auch wenn die Situation für die Wirtschaft und viele andere Bereiche desaströs ist – wir sind gezwungen, uns wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und wir werden schnell lernen, wie wenig selbstverständlich alles ist.
Es bleibt nur zu hoffen, dass wir das alles mit einem Veilchen überstehen und der wirtschaftliche und gesundheitliche Totalschaden ausbleibt. Aber die für mich viel wichtigere Frage ist hier nicht wie schlimm es werden wird, sondern wieviel Gutes wir aus alledem mitnehmen werden.
Schale | feinedinge*