Ihr kennt Terrazzo nicht? Mit ziemlicher Sicherheit seid ihr aber schon einmal auf einem gestanden! Terrazzo war lange Zeit DER Bodenbelag schlechthin – es gibt ihn schon seit der Antike, aber ab der Jahrhundertwende bis in die 60er-Jahre hinein fand man ihn in so gut wie allen Häusern bei uns. Vor allem in Bereichen mit hoher Beanspruchung (Vorzimmer, Bäder) kam er sehr oft zum Einsatz. Gerade in Wien in den Stiegenhäusern von alten Zinshäusern findet man ihn auch heute noch sehr häufig, oft auch mit Verzierungen wie Ornamenten und Bordüren.
Auch in unserem neuen alten Haus haben wir im Vorzimmer unter verschiedenen Schichten PVC-Belag Terrazzo vorgefunden. Leider musste er aber, wie auch alle anderen Bodenbeläge, aufgrund der geplanten Fußbodenheizung raus. Es war aber kein allzu großer Verlust, da er ohnehin an vielen Stellen Sprünge hatte und die Farbe war auch nicht ganz mein Fall… Aber es kam sehr bald der Wunsch auf, im Vorzimmer wieder Terrazzo zu verwenden, da wir große Fans von diesem Material sind und er eine absolut authentische Aufwertung für unser Haus wäre.
Terrazzo ist allerdings, wie ich schon feststellen musste, nicht jedermanns Sache. In der ersten Folge der 11. Staffel von Grand Designs (für alle, die diese Sendung nicht kennen: die ist top!! Ein Muss für alle Häuslbauer, Architekturinteressierten und eigentlich auch alle anderen!) war der Moderator Kevin McCloud ganz entzückt, als er gemeinsam mit den Bauherren in ihrem zu renovierenden Objekt einen alten, gut erhaltenen Terrazzoboden vorfand. Als er das nächste Mal vor Ort war, musste er feststellen, dass ihn die Bauherrin rausreißen ließ und ist (logischerweise genau wie ich) völlig verfallen. Die Bauherrin begründete die Aktion damit, dass sie ihn einfach hässlich fand und er sie an den Boden in der Schultoilette erinnerte… Autsch! Einst als “Behördenmatieral” verschrien, erlebt Terrazzo aber gerade ein kleines Comeback. Egal ob für Renovierungen oder moderne Projekte – Terrazzo macht sich echt überall gut! Es gibt aktuell sogar Kissen und Tapeten mit Terrazzo-Print und auch für Tische und sogar Schneidbretter wird er verwendet!
Aber was genau ist Terrazzo eigentlich? Das schöne ist: Terrazzo ist ein rein mineralischer Baustoff! Gesteinskörnungen wie Marmor, Quarz oder Kalkstein werden mit Zement gebunden und auf einem entsprechenden Estrich aufgebracht, sprich gegossen. Nach der Trocknung erfolgt der Schliff, die Politur und die Imprägnierung. Somit erhält man einen fugenlosen, extrem strapazierfähigen und langlebigen Bodenbelag. Da die Herstellung aber sehr aufwendig ist, ist Terrazzo natürlich auch verhältnismäßig teuer.
Neben dem Preis ist es dann aber zusätzlich auch gar nicht einmal so einfach, eine Firma zu finden, die die Kunst des Terrazzomachens noch beherrscht. In Wien und Niederösterreich gibt es laut meinen Recherchen gerade einmal noch drei (!) Terrazzomacher. Eine davon ist die Firma Gierer in Pöchlarn, die meine Schwester Kerstin, mein Schwager Ahmet und ich gestern besucht haben, um uns die Muster anzuschauen. Im Gründerzeithaus meiner Schwester gab es nämlich ebenfalls einen Terrazzoboden und auch dort soll er wieder zum Einsatz kommen.
Was die Anzahl der Muster betrifft, waren wir echt geplättet! Terrazzo kann man wirklich in allen denkbaren Variationen herstellen, mit großer Körnung, kleiner Körnung, heller oder dunkler Grundfarbe, auch rosa, blau und gelb ist möglich. Wie man aufgrund der Fotos aber schon erahnen kann, waren wir ganz angetan von den eher schlichten Mustern mit heller Grundfarbe, wobei meine Schwester gerne zusätzlich eine Bordüre aus ganz dunklem Terrazzo hätte. Mein Favorit war auf alle Fälle das Muster auf dem ganz ersten Foto.
Jetzt heißt es noch ein Zeiterl warten, bis der Estrich bei uns drin ist und getrocknet ist und dann darf der heiß ersehnte Terrazzo einziehen!
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